aktiv NRW Nr. 2024.05

Ratgeber Wer die Krankenkasse wechselt, kann oft Geld sparen. Das liegt am unterschiedlich hohen Zusatzbeitrag. Und der Wechsel ist ganz einfach > 14 Klimaschutz Wie soll der Lastverkehr der Zukunft unterwegs sein – mit Batterie, mit Wasserstoff oder mit E-Fuels? Ein Überblick mit vielen Fakten > 6-9 27. Juli 2024 • 9926 • Ausgabe Nordrhein-Westfalen • 53. Jahrgang Die Zeitung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Metall- und Elektro-Industrie in NRW aktiv Meine Arbeit. Mein Leben. Meine Zukunft. 5/24 Sie könnten Weltmeister werden WorldSkills Zwei Festo- Mechatroniker reisen zur WM der Berufe in Lyon > 12-13 Internet Weitere Berichte aus der Industrie aktiv-online.de/nrw TITELFOTO: AKTIV/OLIVER DIETZE, KLEINES FOTO: AKTIV/FLORIAN LANG; WEISSE FLÄCHE FREI FÜR ADRESSAUFDRUCK;

2 aktiv | 27. Juli 2024 Inhalt klima-druck.de ID-Nr. Druckprodukt CO₂ kompensiert 24166455 Impressum aktiv, 1972 gegründet von Klaus Kunkel †, erscheint im Verlag der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH Herausgeber Axel Rhein, Köln Redaktionsleiter Thomas Goldau (verantwortlich) Chef vom Dienst Thomas Hofinger Leitender Redakteur Online Jan Hendrik Kurze Zentralredaktion Köln Michael Aust, Nadine Bettray, Ulrich Halasz (Chefreporter), Ursula Hellenkemper (Schlussredaktion), Stephan Hochrebe, Nadine Keuthen, Anja van Marwick-Ebner, Tanja Wessendorf, Hans Joachim Wolter Gestaltung Harro Klimmeck (Leitung), Eckhard Langen; Florian Lang, Daniel Roth (Bilder) Adresse & Kontakt Konrad-Adenauer- Ufer 21, 50668 Köln Postfach 10 18 63, 50458 Köln 0221 4981-0 redaktion@aktiv-online.de Infos zum Vertrieb Tjerk Lorenz, 0221 4981-216 vertrieb@aktiv-online.de Infos zum Datenschutz datenschutz@aktiv-online.de aktiv erscheint mit den Ausgaben Bayern, Chemie, Chemie Baden-Württemberg, Hessenmetall, Niedersachsenmetall, Nordrhein-Westfalen, Papierverarbeitung, Saarland, Südwest und Textil Redaktion Bayern Alix Maria Sauer (Leitung), Michael Stark, Friederike Storz Max-Joseph-Straße 5 80333 München 089 55178-551 Redaktion Südwest Barbara Auer, Fabian Stetzler, Ursula Wirtz Türlenstraße 4, 70191 Stuttgart 0711 2208-225 Redaktion Niedersachsen Werner Fricke Stephanusweg 9 31174 Schellerten 05123 4485 Redaktion Nord Clemens von Frentz (Leitung) Kapstadtring 10 22297 Hamburg 040 6378 4820 Alle Rechte liegen beim Verlag. Rechte für Nachdruck oder elektronische Verwertung erhalten Sie über: lizenzen@iwkoeln.de Druck Zeitungsdruck Dierichs GmbH & Co. KG, Kassel Die Wirtschaftszeitung aktiv wird gedruckt auf mit dem Umweltzeichen „Blauer Engel“ ausgezeichneten Papier aus 100 Prozent Recycling-Material. Betriebe live – Wie ein Firmennetzwerk Recycling und Umweltschutz stärkt. 10 FOTO: AKTIV/DANIEL ROTH FOTO: AKTIV/PETER WIRTZ Industrie hautnah – Interview: Arndt G. Kirchhoff zu den Heraus- forderungen für die Automobil-Industrie. Inhalt Wirtschaft Die deutsche Metall- und Elektro-Industrie kommt nicht aus der Krise. Warum eigentlich? > 3 Industrie hautnah Die Automobilbranche steht gewaltig unter Druck: Ein Interview mit Arndt G. Kirchhoff > 4-5 Lastverkehr Batterien können Lastwagen ebenso antreiben wie Wasserstoff oder auch E-Fuels. Ein Überblick > 6-9 Betriebe live Das „Circular Valley“ – ein erfolgreiches Recycling- Netzwerk aus 70 Traditionsfirmen und Start-ups > 10 Fitness & Gesundheit Langsam joggen? Ist gemütlich – und bringt was! > 11 WorldSkills Bei Festo trainieren zwei junge Mechatroniker für die WM der Berufe. aktiv hat sich das angesehen > 12-13 Ratgeber Die Krankenkasse wechseln – das ist ganz einfach > 14 Moment mal! Ein Klassiker ist wieder da: Minesweeper > 15 Zahlen & Fakten Technischer Fortschritt in der Arbeitswelt > 16 4-5 Zur großen Politik in Berlin oder im heimischen Rathaus, zum neuesten Promi-Drama oder zur Skandal-Entscheidung des Schiedsrichters im Fußballstadion: 39 Prozent derjenigen, die aktuelle Nachrichten im Netz konsumieren, hinterlassen zumindest gelegentlich einen Kommentar. Der Mitteilungsdrang von Männern ist mit 44 Prozent um einiges höher als der von Frauen (34 Prozent). Beeinflussen lassen sich davon vor allem die Jüngeren: Laut repräsentativer Umfrage des Digitalverbands Bitkom wirken sich Online-Kommentare bei 41 Prozent der 16- bis 29-Jährigen auf die eigene Meinung aus. Auch wenn der Anteil der Älteren, die das von sich sagen, deutlich geringer ist: Für den gesellschaftlichen Austausch und die Debatten im Land sind viele der Beiträge sicher ein Gewinn. Es müssen ja nicht immer nur Politiker oder Expertinnen ihren Senf dazugeben. Wenn nur der Ton oft ein anderer wäre. Laut Bitkom wünschen sich 88 Prozent, dass Diskussionen im Netz respektvoller geführt werden. Im wahren Leben klappt das doch (meistens) auch, möchte man da hinzufügen. Übrigens: Auchaktiv freut sich über Ihre Meinung: live auf unseren Social-Media-Kanälen, per Mail an redaktion@aktiv-online.de oder gern an mich: goldau@iwkoeln.de Viel Spaß beim Lesen der aktuellen Ausgabe! VON THOMAS GOLDAU, REDAKTIONSLEITER Die Meinung der anderen … 12-13 WordSkills – Intensives Training: Paul Schunck (links) und Julian Winter von Festo sind bei der WM der Berufe dabei. FOTO: AKTIV/OLIVER DIETZE BILD: AKTIV/ERSTELLT MIT ADOBE FIREFLY Zahlen & Fakten – Arbeitswelt im Wandel: Da geht es oft um den technischen Fortschritt. 16 ILLUSTRATIONEN: POLINA TOMTOSOVA – STOCK.ADOBE.COM E-Fuels Strom Wasserstoff 6-9 Schwerpunkt – Die Mobilität der Zukunft: Sie wird wohl verschiedene Antriebe nutzen müssen.

27. Juli 2024 | aktiv 3 Konjunktur Dauerkrise in Deutschlands Schlüsselbranche Metall + Elektro Die Auftragslage wird laufend schlechter – in vielen Betrieben gibt es zu wenig zu tun. Eine Einordnung FOTOS: KOI88 – STOCK.ADOBE.COM, VERFREMDUNGS- EFFEKT: AKTIV; GESAMTMETALL (PORTRÄT) VON NADINE KEUTHEN Deutschlands wichtigster Industriezweig steckt in der Krise fest: die Metall- und Elektro-Industrie (M+E), in der fast vier Millionen Menschen arbeiten. Die Produktivität liegt 15 Prozent unter der von 2018, seit 2021 geht das Volumen neuer Aufträge wieder laufend zurück. Den Unternehmen fehlen zunehmend geeignete Fachkräfte, während sie mit immer neuen bürokratischen Pflichten belastet werden. aktiv sprach darüber mit Lars Kroemer, dem Chefvolkswirt des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall. Ist diese Dauerflaute anders als frühere Krisen? Ja: „Im Gegensatz zu anderen Aufs und Abs der letzten Jahrzehnte haben wir ernste strukturelle Probleme“, ordnet Kroemer ein. Die M+E-Branche befinde sich in einer ungebremsten Rezession, für eine Besserung gebe es keine Anzeichen. Kroemer nennt Zahlen für Januar bis Mai 2024: Produktion – minus 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, Absatz – minus 5,9 Prozent, Auslastung – minus 3 Prozent. Die Qualität des Wirtschaftsstandorts hat nachgelassen – dazu kommt „wirtschaftspolitischer Gegenwind“ Dabei ist die M+E-Industrie mit einem Jahresumsatz von rund 1,4 Billionen Euro die Schlüsselindustrie für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. „Wenn es um globale Megatrends wie etwa Energiewende, Digitalisierung, Mobilität oder Automatisierung geht, da brauchen wir überall die Lösungen aus der M+E-Industrie. Und trotz dieser Dringlichkeit können wir leider keine steigende Produktion beobachten“, sagt Kroemer. Für den Ökonomen tragen nicht zuletzt zunehmende Bürokratisierung, fehlende Technologieoffenheit, hohe Steuern und generell „wirtschaftspolitischer Gegenwind“ eine Mitschuld daran, dass M+E nicht aus der Krise kommt. „Im internationalen und europäischen Vergleich haben die M+E-Firmen ihre Wettbewerbslage noch nie so schlecht eingeschätzt“, warnt Kroemer. Die überdurchschnittlichen Arbeits- und damit auch Lohnstückkosten seien da zwar auch ein Faktor, allerdings: „Produktion in Deutschland war immer schon teuer. Doch das konnten wir bisher durch gute und stabile Rahmenbedingungen des Standorts kompensieren. Genau diese Stärke verlieren wir momentan.“ Die marode Infrastruktur zum Beispiel oder die Defizite in der Bildung fallen den Unternehmen nun auf die Füße – und müssen teuer kompensiert werden. Etwa durch Umwege bei der Auslieferung von großen Anlagen. Oder durch Weiterbildungsmaßnahmen potenzieller Fachkräfte, die keinen Schul- oder Berufsabschluss mitbringen. Speziell im Maschinenbau seien die Aufträge aus dem Inland eingebrochen, stellt Kroemer fest – „weil das Vertrauen der Wirtschaft in den Standort Deutschland verloren geht“. Um die Produktivität zu steigern, seien normalerweise hohe Investitionen nötig, erklärt Kroemer weiter. Doch die Unternehmen sehen sich mit immer neuen Auflagen konfrontiert: „Die finanziellen und personellen Ressourcen, die eigentlich dringend im produktiven Bereich benötigt würden, werden für unproduktive bürokratische Aufgaben eingesetzt – also fehlgeleitet.“ Ist vielleicht auch der internationale Wettbewerbsdruck auf die Branche einfach zu groß? „Nein“, sagt Kroemer entschieden. „Dieser Druck war immer schon hoch! Rund 80 Prozent der gesamten Forschungsaufwände in der Industrie finden im M+E-Bereich statt. Innovation war schon immer unsere Stärke.“ Und dem globalen Wettbewerb entgegne man am besten mit Innovationen. Eine Voraussetzung dafür ist freilich Technologieoffenheit – die jedoch in den letzten Jahren durch wirtschaftspolitische Entscheidungen enorm eingeschränkt wurde. „Wenn die Politik glaubt, sie könne den Umgang mit Technologien oder Produkten vorschreiben – Beispiel Verbrennermotor –, verunsichert das Unternehmen und Kunden gleichermaßen und hemmt letztendlich Innovationen und Investitionen.“ Übrigens: Auch in den anderen Industriezweigen ist die Lage nicht rosig. Im Mai 2024 war die gesamte deutsche Industrieproduktion 7,3 Prozent geringer als im Mai des Vorjahrs. Das meldete Anfang Juli das Statistische Bundesamt. Auftragseingang der Metall- und Elektro-Industrie (Index) Durchschnittswert der jeweils letzten drei Monate; Quelle: Gesamtmetall aktiv „ Im internationalen und europäischen Vergleich haben die M+E-Firmen ihre Wettbewerbslage noch nie so schlecht eingeschätzt Lars Kroemer, Chefvolkswirt Gesamtmetall 97,4 Januar 2018 50,6 April 2020 109,5 Juli 2021 81,2 Mai 2024

Viele Fragen, klare Antworten: Arndt G. Kirchhoff nimmt Stellung zu den drängenden Herausforderungen für Unternehmen und den Standort Deutschland. „ Die Bedingungen sind nicht ideal für Investitionen hierzulande „Strafzölle machen alles teurer“ Interview Wie kann der Automobil-Industrie der Umbau zur Klimaneutralität gelingen? Welche Auswirkungen haben Strafzölle auf chinesische E-Autos? Zu den drängenden Fragen für Deutschlands Paradebranche sprachen wir mit Arndt G. Kirchhoff VON BERIT SCHMIEDENDORF Die stagnierende Wirtschaft hierzulande, die Abkehr von der Globalisierung, die gewaltigen Kosten für den Umbau zur Klimaneutralität: All das trifft die AutomobilIndustrie besonders. Wie mit den Herausforderungen umgehen? Darüber sprachen wir mit Arndt G. Kirchhoff. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrats der Kirchhoff-Gruppe und Präsident des Arbeitgeberverbands METALL NRW. Wie bewältigen Unternehmen in Deutschland all die enormen und anhaltenden Herausforderungen unserer Zeit? Die größte Hürde ist, dass wir kein Wachstum haben. Wir kommen nicht vorwärts, wir treten auf der Stelle. Mit Nullwachstum ist es komplizierter, die Zukunft zu planen, schließlich muss man den Umbau zur Klimaneutralität ja finanzieren. Hinzu kommt, dass wir schon seit Sommer 2018 keinerlei Produktivitätssteigerungen mehr verzeichnen. Damit fehlt uns das innere Wachstum, das Mittel freisetzt, um investieren zu können. Darüber hinaus haben wir die Frage der sonstigen wettbewerblichen Rahmenbedingungen: Das betrifft Steuern und Abgaben, den Zustand der Infrastruktur sowie all das, was außerdem noch neu gebaut werden muss. Kurz gesagt, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind nicht ideal, um in Deutschland in die Zukunft zu investieren. Sie als Automobilzulieferer treffen all diese Probleme doch ganz besonders … Nein, denn wir bewegen uns auf dem Weltmarkt. Und wenn Sie auf dem Weltmarkt agieren, lokalisieren Sie ihre Produkte, es wird also vor Ort produziert: in Südamerika, Nordamerika, Asien und natürlich auch in Europa. Wir entscheiden in jedem Einzelfall: Wo ist die Produktion aus Kundensicht und aus unserer Perspektive am besten aufgehoben? Und wenn wir feststellen: Das ist aber nicht gerade Deutschland, dann wird eben nicht hier investiert. Und Sie sehen das an allen Zahlen: Wir investieren nicht in Deutschland und das Ausland auch nicht. Was macht die KirchhoffGruppe, um klimaneutral zu werden? In Europa beziehen wir für alle Werke zu 100 Prozent grünen Strom. Und in Europa haben wir auch schon Stahlhersteller, die begonnen haben, grünen Stahl zu produzieren. An einem dieser Unternehmen in Skandinavien haben wir uns sogar beteiligt. Wir stehen zu den Klimazielen, doch wenn Sie einen globalen Markt bedienen, dann sind Sie auch in Regionen tätig, wo es täglich Stromabschaltungen gibt. Dort muss man seine Produktion danach ausrichten, ob es gerade Strom gibt oder nicht. In weiten Teilen Asiens und in vielen anderen Ländern brauche ich nicht davon zu FOTOS: AKTIV/DANIEL ROTH (3) 4 aktiv | 27. Juli 2024 Industrie hautnah

27. Juli 2024 | aktiv 5 Industrie hautnah Präzisionsarbeit: In der Kirchhoff-Gruppe arbeiten 13.000 Menschen. Das Unternehmen ● Die KIRCHHOFF Gruppe, geht zurück auf die Firma Stephan Witte, gegründet 1785 zur Herstellung von Nähnadeln in Iserlohn. ● Zur Gruppe gehören die Geschäftsbereiche KIRCHHOFF Automotive, KIRCHHOFF Ecotec, WITTE Tools und KIRCHHOFF Mobility. ● KIRCHHOFF Automotive, der größte Einzelbereich, ist Entwicklungspartner der Automobil-Industrie für komplexe Metall- und Hybridstrukturen für Rohkarosserie und Fahrwerk. ● Im Jahr 2023 erzielte die Gruppe mit über 13.000 Beschäftigten weltweit einen Gesamtumsatz von 3,0 Milliarden Euro. FOTO: KIRCHHOFF AUTOMOTIVE neutral Auto fahren. Das geht auch mit einem Verbrenner, indem man ihm CO2-freien Kraftstoff gibt, der regenerativ erzeugt wurde. Dann fährt auch ein Otto- oder Diesel- motor klimaneutral. Das elektrische Fahren, das zurzeit in Europa praktiziert wird, ist nicht CO2-frei, denn der dafür verwendete Strom ist zumeist nicht grün. Der Strom ist in Deutschland in guten Jahren zur Hälfte grün, in Europa insgesamt ist er nicht mal zur Hälfte grün. Wir haben weltweit 1,4 Milliarden Autos mit Verbrennermotoren, die werden nicht morgen weg sein. Wenn wir diese Autos mit regenerativen Kraftstoffen nutzen würden, hätte das den schnellsten und größten Umweltnutzen. Wo soll dieser CO2-freie Kraftstoff herkommen? Die Mineralöl-Industrie wäre prädestiniert dafür, CO2-freie Fischer-Tropsch-Kraftstoffe herzustellen, denn die haben die Flächen dafür, und die kennen auch die Prozesse. Wenn die Branche aber keinen Markt dafür sieht, weil die Politik nicht entscheidet, dass die Mobilität auch in diese Richtung gehen darf, dann werden die Mineralölunternehmen auch nicht in diese Technologie investieren. Ein weiterer Vorteil dieser CO2-freien Kraftstoffe ist übrigens, dass sie an den vorhandenen Tankstellen getankt werden können, man braucht kein neues Stromnetz und keine neuen Ladestationen aufzubauen. Verbraucher wollen günstige E-Autos. Die aus China sind oft preisgünstig, doch weil man hier von Dumpingpreisen ausgeht, hat Brüssel Ausgleichszölle verhängt. Gut so? Das ist insbesondere aus deutscher Sicht sehr schlecht, weil wir ein kleines Land sind und unser Wohlstand im Wesentlichen darauf beruht, dass wir mit anderen Ländern handeln. Wenn wir jetzt Handelsbarrieren unterstützen, verbauen wir im Grunde genommen den deutschen Weg des Wirtschaftens. Denn wenn wir in Europa Barrieren aufbauen, dann werden die Handels- Seit 2023 gilt das deutsche Lieferkettengesetz. Die Folgen für Sie? Als deutsches Unternehmen haben wir die Vorgaben in die Einkaufsrichtlinien eingearbeitet und an die Lieferanten weitergegeben. All unsere Lieferanten müssen diese Regelungen uns gegenüber erfüllen. Das Problem ist, dass das erstens nicht alle können und zweitens nicht alle wollen. Unsere taiwanesischen Lieferanten beispielsweise unterschreiben uns die neuen Einkaufsrichtlinien nicht. Das gilt auch für unsere kanadischen Lieferanten, die die deutsche Datenschutzgesetzgebung nicht akzeptieren möchten. Die Lieferkettenrichtlinie ist detailliert nach deutschen Standards formuliert, das findet man sonst nirgends auf der Welt. Die Regeln sind so übertrieben, dass, wenn man das wirklich ernst nimmt, keine Handelspartner mehr findet – außer in Europa, wo man im gleichen Rechtsraum ist. Wie ging denn der Fall mit Ihrem taiwanesischen Zulieferer aus? Das ist jetzt zwei, drei Monate her, dass wir unsere überarbeiteten Richtlinien in unserer Lieferantenwelt verteilt haben. Das Problem in Taiwan ist nicht gelöst. Und das wird sich so auch nicht lösen, einer muss nachgeben: Entweder muss der Zulieferer in Taiwan die neuen Regeln akzeptieren oder wir müssen aufhören, von ihm Waren zu beziehen. gewisse Unterschiede gibt. In Europa produzieren wir schätzungsweise 25 Prozent für reine E-Autos, 35 Prozent für hybride Modelle und 40 Prozent für Verbrenner. In den USA gehen 10 Prozent unserer Produkte in E-Autos und 90 Prozent in Verbrenner. Und für unsere chinesischen Kunden machen wir 100 Prozent für E-Autos. Sollte die Politik das Verbrenner-Aus wieder zurücknehmen? Ich halte das für unklug, weil so ein Hin und Her die Verbraucher total verwirrt. Die Frage ist eigentlich eine ganz andere, nämlich die, wie wir klimaträumen, die Transformation gestalten zu können – dort muss zunächst überhaupt die Stromversorgung gesichert sein. Doch nicht nur die bei uns eingesetzte Energie ist möglichst nachhaltig, auch die Materialien. Unsere zugekauften Vorprodukte haben ein CO2Label, wo es möglich ist. Wie viel Prozent Ihrer Produkte entfallen bereits auf klimaneutrale Mobilität? Das ist schwer zu beantworten. Wir haben noch Produkte, die in reine Verbrenner gehen, insbesondere außerhalb Europas, weil dort E-Mobilität noch keine Alternative ist. In China, den USA und Europa haben wir hybride Modelle, wo wir nicht genau wissen, wie viele davon letztlich rein elektrisch zugelassen werden und welche mit Verbrennern. Und wir haben Produkte für reine E-Mobilität. Unsere Teile können zudem oft mehrfach verwendet werden: Eine Karosserie oder ein Fahrwerk ist unabhängig von der Art des Antriebs, auch wenn es partner das auch tun. Und am Ende wird das Produkt für die Verbraucher teurer. Viele Politiker fordern, dass sich heimische Betriebe unabhängiger von China machen. Befolgt Ihr Unternehmen diesen Rat? Na klar, das machen wir allerdings schon länger. Unser Unternehmen unterscheidet bei der Beurteilung von Risiken zwischen autokratischen und freien Staaten, und immer dann, wenn wir morgen enteignet werden könnten, dann begrenzen wir unser Risiko. Zweitens achten wir beim Bezug unserer Vorprodukte darauf, dass die Materialien aus mindestens zwei Lieferquellen kommen, die überdies nicht auf einem Kontinent liegen sollen. Auch um den CO2-Fußabdruck möglichst klein zu halten, ist es sinnvoll, die Lieferkette so zu organisieren, dass die Produkte möglichst kurze Transportwege haben. Lange Transportwege sind überdies bei Stahl, einem unserer wichtigsten Werkstoffe, auch gar nicht rentabel aufgrund des hohen Gewichts. Wir haben deshalb noch nie Stahl in den USA oder Asien eingekauft und in Europa verarbeitet. Wie viel Prozent Ihrer Vorprodukte bezieht Ihre Unternehmensgruppe denn aktuell aus China? Wir kaufen 60 Prozent unserer Werkzeuge, das sind die Teile, mit denen wir Stahl und Aluminium umformen, in China – das ist der größte Posten. Vom Einkaufsvolumen her kaufen wir etwa 5 Prozent in China, unser Absatz in China beläuft sich auf 7 Prozent. „ Für CO2-freie Kraftstoffe reichen die vorhandenen Tankstellen „ Das Hin und Her ums VerbrennerAus verwirrt die Verbraucher In Zusammenarbeit mit Mehr Infos: iwd.de

Lastverkehr Jetzt rollen die BatterieLastwagen an. Für die Elektro-Trucks muss allerdings ein eigenes, stärkeres Ladenetz an den Autobahnen aufgebaut werden > 7 Auch Wasserstoff kann Lkws antreiben, über eine Brennstoffzelle oder in einem Verbren- nungsmotor. Beides wird bisher meist nur in Pilotprojekten auf der Straße getestet > 8 Unbedingt nötig sind E-Fuels und HVO als Treibstoffe. Etwa für Flieger und Schiffe > 9 FOTOS: PICTURE ALLIANCE/DPA (STROM), IMAGO/SVEN SIMON (E-FUEL), IMAGO/JOCHEN TACK (WASSERSTOFF); ILLUSTRATIONEN: POLINA TOMTOSOVA – STOCK.ADOBE.COM Strom Wasserstoff 6 aktiv | 27. Juli 2024 Schwerpunkt

28 Prozent der CO2-Emissionen auf Straßen sind von schweren Lkws und Bussen Quelle: Statistisches Bundesamt 3.767.533 Lastkraftwagen waren am 1. April in Deutschland zugelassen Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt 82.414 dieser Laster fuhren batterieelektrisch Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt VON HANS JOACHIM WOLTER UND MICHAEL AUST Die Mobilität soll klimaneutral werden. Bei Autos wie bei Brummis. Auch bei Lastwagen baut die EU deshalb auf den Elektroantrieb. Schon im nächsten Jahr sollen die Klimagas-Emissionen neu verkaufter Trucks um 15 Prozent gegenüber 2019 sinken, 2030 dann bereits um ein Drittel. Die Hersteller setzen dafür auf BatterieTrucks und wollen bis 2025 in Europa und Nordamerika 60 Modelle auf den Markt bringen. Trotz der schweren Akkupacks, die deren Nutzlast verringern. Denn die Wasserstoff-Trucks, die wegen der größeren Reichweite und schnellen Betankung besser geeignet wären, sind bisher nicht über Pilotanwendungen hinausgekommen. An den Autobahnen gibt es noch viel zu wenig Ladesäulen Daher wird der Roll-out der Batterie-Trucks jetzt starten. Aber Nutzfahrzeug-Experten wie Philipp Radtke von der Unternehmensberatung McKinsey mahnen an, dass an den notwendigen Voraussetzungen gearbeitet werden muss. Denn Elektro-Trucks kosten dreimal so viel wie Diesel-Fahrzeuge. Förderung gibt es Drei Antriebe für die Trucks von morgen Klimaschutz Elektro-Lkws sollen den Transport auf der Straße übernehmen. Aber der Umstieg wird kein Selbstläufer. Experten fordern Offenheit für E-Fuels 27. Juli 2024 | aktiv 7 Schwerpunkt Lastverkehr Mobilität: Was uns in Zukunft bewegt Fahrzeugtypen und ihre möglichen Antriebe Batterie Wasserstoff/ Brennstoffzelle E-Fuels/ HVO-Diesel Neuwagen Kleinwagen, Kompaktklasse X X X Mittelklasse, SUV X X X Oldtimer, Autos im Bestand, Rennwagen X X X Neue Nutzfahrzeuge Lkws bis 3,5 Tonnen/Mini-, Linienbus X X X Lkws bis 12 Tonnen/Überlandbus X X X Lkws bis 40 Tonnen/Reisebus X X X Trucks im Bestand X X X Landmaschinen, Baumaschinen X X X Schiffe X X X Kleine Flugzeuge (bis 20 Sitze) X X X Große Passagierflieger X X X Quelle: Eigene Recherche aktiv X Als Antrieb/Treibstoff wahrscheinlich X Möglicher Antrieb/Treibstoff X Eher nicht der Antrieb/Treibstoff E-Fuels

8 aktiv | 27. Juli 2024 Schwerpunkt Lastverkehr nur rund 140 Exemplare auf Europas Straßen unterwegs. „Und das fast ausschließlich in Pilotprojekten“, sagt Philipp Radtke, Nutzfahrzeug-Experte der Unternehmensberatung McKinsey. Dafür gibt es vor allem drei Gründe: ● Die Technologie der Brennstoffzelle. „Sie erzeugt mit Wasserstoff den Strom für die E-Motoren und ist noch komplexer als die Batterietechnologie“, erklärt Radtke. Speziell in einem Fahrzeug, das jedem Klima trotzen muss, tue sie sich noch schwer. Zudem brauchen auch H2-Fahrzeuge eine kleine Batterie als Ergänzung, sagt Professor Achim Kampker, Experte für Elektro-Antriebe der RWTH hierzulande aktuell nicht mehr. Seit der Energiekrise ist zudem der Preisvorteil von Strom gegenüber dem Diesel wieder weg. Und die Lade-Infrastruktur an den Autobahnen fehlt noch. Stärker als beim Massenmarkt Pkw entwickelt sich deshalb bei Lastwagen die Debatte über künstliche Kraftstoffe. „Wir müssen auch andere Technologien in den Blick nehmen, E-Fuels zum Beispiel“, sagt Experte Radtke. Ohne E-Fuels wird die Mobilität in Zukunft nicht gehen Der Autoherstellerverband VDA plädiert ebenfalls für einen „technologieoffenen Ansatz“. Mit E-Fuels können künftig alte Trucks klimaschonend fahren. Zudem werden die Treibstoffe für Bau- und Landmaschinen gebraucht wie etwa Mähdrescher, deren Motoren das Fahrzeug plus Schneidwerk und weitere Technik antreiben. Unerlässlich sind E-Fuels für Passagierflugzeuge und Schiffe. aktiv erklärt, was Sie über die Antriebe und Treibstoffe für Lkws der Zukunft wissen sollten. Aachen: „Die Brennstoffzelle mag ständiges Beschleunigen und Abbremsen nicht.“ Der häufige Wechsel schade ihr, die Batterie könne das abfedern. ● Die Infrastruktur. Aktuell gibt es nur sehr wenige H2-Ladesäulen. Unklar ist, wer das Angebot ausbaut – und wann. ● Verfügbarkeit und Kosten. Wasserstoff benötigen außer den Logistikern auch andere Branchen – darunter sehr energieintensive. „Allein ein Stahlwerk braucht so viel Wasserstoff wie alle Lkw-Verkehre in Europa zusammen“, sagt Radtke. Bis das schmale Angebot mit der riesigen Nachfrage mithalten kann, könnten viele Jahre vergehen. Und das spiegelt sich im Preis. Trotzdem ist der Traum vom emissionsfreien H2-Lkw nicht ausgeträumt. Hoffnung macht jetzt – ausgerechnet – der Verbrennungsmotor! Gerade hat Volvo Trucks angekündigt, nach DAF und MAN nun auch Lkws zu entwickeln, die mit Wasserstoff-Verbrennung fahren können. Straßentests sollen 2026 starten. 250 Kilometer Reichweite: Die sechs wasserstoffbetriebenen Müllfahrzeuge der Stadt Herne sind eines der raren Beispiele für H2-Lkws außerhalb von Pilotprojekten. Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Lkws, die mit grünem Wasserstoff (H2) fahren, pusten null Klimagase in die Luft – und haben noch dazu eine sagenhafte Reichweite! Auf der Straße scheiden solche Fahrzeuge nur Wasser aus. Wird das Wasserstoff-Gas mit „grünem“ Strom produziert, entsteht auch dabei kein CO2. Noch dazu fahren von einer Brennstoffzelle angetriebene Lkws mit einer Tankfüllung Wasserstoff, Stand heute, deutlich weiter als ihre batteriebetriebenen Pendants. So verlockend die Möglichkeiten sind, so trist ist aktuell noch die Realität beim Wasserstoff-Lkw. Laut den neuesten Daten des European Alternative Fuel Observatory sind derzeit Die Batterie-Laster rollen an. Die Messe IAA Transportation demnächst in Hannover dürfte den Startschuss für eine neue Zeit im Lastverkehr geben. Auch wenn diese E-Lkws einen schweren Akkupack mitschleppen – viele Hersteller wollen mit ihnen in den klimaschonenden Schwerverkehr einsteigen, berichtet Nutzfahrzeug-Experte Philipp Radtke vom Beratungsunternehmen McKinsey in München. „Bis 2025 kommen in Europa und Nordamerika 60 batterieelektrische Trucks auf den Markt oder in die Produktion.“ FOTO: IMAGO/FUNKE FOTO SERVICES Hoffnungsträger Wasserstoff Gasantrieb Bei Brennstoffzellen sind noch viele Fragen offen – aber es gibt neue Ideen Die Batterie-Trucks kommen Elektro-Lkws Preis und fehlendes Ladenetz machen Probleme der Wasserstoff-Truck kommt kaum voran, und die Hersteller stehen unter Druck: Schon nächstes Jahr, so schreibt die EU vor, sollen 15 Prozent der neu zugelassenen Laster und Busse emissionsarm sein, 2030 dann bereits 30 Prozent. Werden die Quoten nicht erreicht, drohen hohe Strafzahlungen. Rund 220 Milliarden Euro investieren deutsche Autohersteller zwischen 2022 und 2026 weltweit in Forschung und Entwicklung, vor allem in die E-Mobilität inklusive Batterietechnik und in die DigitalisieMercedes-Benz etwa geht mit dem batterieelektrischen eActros 600 ins Rennen. Er soll „langfristig die Mehrheit der Diesel-Lkws“ ablösen. Er schafft 500 Kilometer Strecke ohne Ladestopp, mit Zwischenladen und Pause für den Fahrer über 1.000 Kilometer. Und er schleppt bis zu 22 Tonnen Nutzlast. EU schreibt Quoten für emissionsarme Lkws vor Auch MAN, Volvo, Renault, DAF und Tesla setzen auf den Batterie-Lkw. Denn H2 Newsletter Jetzt abonnieren: aktiv-online.de/ newsletter

So funktioniert die Produktion von E-Fuels In mehreren Schritten erzeugt man mit Ökostrom synthetischen Treibstoff Quelle: Audi AG aktiv ILLUSTRATIONEN: AUDI, BGPSH – ADOBE.STOCK.COM; MONTAGE: IW MEDIEN 27. Juli 2024 | aktiv 9 Schwerpunkt Lastverkehr 1. Erneuerbarer Strom Windanlagen und Solarmodule liefern die Energie für den Prozess. 2. Elektrolyse Der Grünstrom spaltet bei einer Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Der Sauerstoff wird an die Umgebungsluft abgegeben. O2 CO2-Gewinnung Kommt das CO2 aus der Luft oder aus Verbrennungsabgasen, ist der Sprit klimaneutral. 3. Konvertierung In einem zweistufigen Prozess entstehen aus Wasserstoff und CO2 Kohlenstoffketten. Nahezu CO2-neutraler E-Fuel für die Mobilität Infrastruktur wird weiter genutzt Tankstellen, Tanklaster und Tanker lassen sich weiter nutzen. E-Fuels passen zur Motortechnik und ersetzen fossilen Kraftstoff. Die Konvertierung im Detail Der Wasserstoff wird im ersten Schritt zusammen mit dem CO2 im Reaktor in Synthesegas umgewandelt. Daraus werden im zweiten Schritt Kohlenwasserstoffketten aufgebaut. 4. E-Fuel H2 Einmal nachladen: Ein Elektrobus der Stadtwerke Münster füllt Akkus auf. 16 Schnellladestationen an Endhaltestellen ermöglichen das. FOTO: PICTURE ALLIANCE/JOCHEN TACK Mit Ökostrom Sprit erzeugen und damit Autos antreiben – das ist eine verlockende Lösung! Ab 2026 sollen die Rennwagen der Formel 1 mit solchen E-Fuels fahren und so zeigen, dass es geht. Aber: Mit Ökostrom und CO2 synthetische Treibstoffe die Kosten auf maximal den anderthalbfachen Preis von Diesel heruntergebracht werden.“ Das wäre wichtig. Denn Passagierflieger, Schiffe, Land- und Baumaschinen bleiben auf flüssigen Treibstoff angewiesen. So wie viele alte Trucks. Übrigens: Klimaschonend sind E-Fuels, wenn sie mit CO2 aus der Luft oder aus Verbrennungsabgasen produziert werden. 2030 produziert Europa 15,5 Millionen Tonnen HVO-Treibstoff Eine Alternative ist der Diesel-Ersatz HVO. „Den erzeugt man, indem man altes Speiseöl oder Schlachtabfälle mit Wasserstoff zur Reaktion bringt“, erklärt Professor Thomas Willner von der Hochschule HAW in Hamburg. HVO, von englisch „Hydrotreated Vegetable Oil“, verringert den CO2Ausstoß um bis zu 90 Prozent gegenüber Diesel. Die Unternehmen Neste (Finnland), Eni (Italien), Repsol (Spanien) und Total (Frankreich) produzieren schon viel HVO. Die Kapazitäten in Europa sollen von jetzt 4 Millionen Tonnen bis 2030 auf 15,5 Millionen Tonnen steigen. Willner hält mehr für möglich. Sein Team hat ein Verfahren enwickelt, mit dem sich aus Plastikmüll synthetischer Kraftstoff wie HVO gewinnen lässt. Aktuell arbeitet das Team an einer Anlage im Produktionsmaßstab. rung. Auch ihre Wettbewerber stemmen Riesensummen. Und doch gibt es Zweifel, ob den Autobauern die Wende gelingt, so Experte Radtke. Bundesregierung streicht die Förderung für teure E-Trucks Denn die Elektro-Trucks schleppen zwei Herausforderungen mit sich. Zum einen fehlt noch die Lade-Infrastruktur, zum anderen sind die Lkws mit Preisen von 250.000 bis 300.000 Euro dreimal so teuer wie Diesel-Trucks. Doch in diesem Jahr hat die Regierung die Förderung der Fahrzeuge eingestellt. „Dabei bräuchten wir sie dringend, bis die Stückzahlen steigen“, moniert Professor Achim Kampker, E-MobilitätsExperte der Universität RWTH Aachen. „Denn die Speditionen arbeiten mit extrem geringen Margen.“ Berlin fördert die Trucks jetzt nur über einen ermäßigten Klimagas-Aufschlag bei der Lkw-Maut. Zudem gibt es Fördergeld für die Lade-Infrastruktur. Die E-Trucks mit ihren Riesenbatterien brauchen stärkere Ladeleistungen als EAutos. „Für ein Minimalnetz in Zentraleuropa wären 300 bis 400 Ladehöfe mit je fünf bis zehn Ladesäulen nötig“, sagt McKinsey-Experte Radtke. „Bis 2030 sind in Europa 10 Milliarden Euro zu investieren.“ Erste Stationen werden gebaut. Milence, eine Firma von Daimler, Traton und Volvo, will ein Netz einrichten. Und startet damit in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Aral hat unter dem Markennamen „Pulse“ losgelegt. Die Mobilitätswende im Lastverkehr nimmt Fahrt auf. Sprit aus Strom und Fett E-Fuels und HVO Künstliche Kraftstoffe sollen das Klima schonen herzustellen, erfordert viel Energie! Deshalb kann man mit einem Drei-Megawatt-Windrad 1.600 Batterie-Autos ein Jahr lang betreiben, aber nur E-Fuels für 250 VerbrennerPkws liefern. E-Fuels gewinnt man daher am besten da, wo es Sonne oder Wind im Übermaß gibt. Porsche macht das in einer Pilotanlage im windreichen Süden Chiles. 130.000 Liter erzeugt sie im Jahr, für 2026 sind 55 Millionen Liter anvisiert. Der saudische Ölkonzern Aramco plant Versuchsanlagen in Saudi-Arabien und Spanien. Noch ist der Kunstsprit drei- bis fünfmal so teuer wie Benzin oder Diesel, berichtet Autoexperte Philipp Radtke von der Beratungsfirma McKinsey. „Damit E-Fuels eine Alternative werden können, müssten

10 aktiv | 27. Juli 2024 Betriebe live VON JOHANNES PÖTTERING, HAUPTGESCHÄFTSFÜHRER DES ARBEITGEBERVERBANDS METALL NRW Ausbildung: Chancen nutzen! Der 1. August ist traditionell der Beginn des Ausbildungsjahrs. Viele junge Menschen starten in diesen Tagen ins Berufsleben und erlernen einen der rund 320 anerkannten Ausbildungsberufe. Die duale Ausbildung ist ein Grundpfeiler der deutschen Wirtschaft, und die Unternehmen engagieren sich hierfür auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wie diesen sehr. Besonders erfreulich: Laut aktuellen Zahlen der Arbeitsagenturen bewerben sich wieder mehr junge Menschen für einen Ausbildungsplatz. Dies zeigt die Bedeutung und den Wert dieses Berufseinstiegs. Und die Chancen auf eine Stelle stehen sehr gut: Auf 100 Ausbildungsplätze kommen in NRW 96 Bewerber. Über 47.000 Stellen sind für das aktuelle Ausbildungsjahr noch unbesetzt. Es gilt also, diese Chance zu nutzen! Ein Einstieg in die Ausbildung ist noch bis September möglich. Ich appelliere daher an die jungen Menschen und Unternehmen, in Kontakt zu kommen, sich kennenzulernen und die Perspektiven einer Ausbildung gemeinsam abzustimmen. Hierbei helfen auch branchenspezifische Karriereseiten, wie zum Beispiel zukunftsindustrie.de für die Berufe der Metall- und Elektro-Industrie. Denn eines ist klar: Die Fachkräfte, die heute nicht ausgebildet werden, fehlen in Zukunft nicht nur in den Betrieben, sondern in der gesamten Gesellschaft. Im Hotspot des Recyclings Nachhaltigkeit Ein branchenübergreifendes Netzwerk aus 70 Firmen und weiteren Partnern zieht immer größere Kreise Sauber: Mit mobilen Sperren holt Plastic Fischer aus Köln in Asien Abfälle aus Flüssen. Passt: Beim Thermomix zählt nicht zuletzt die Wiederverwertbarkeit. Wertstoff: Das Recyling- Unternehmen Carboliq aus Remscheid verhilft Plastikabfällen zu einem zweiten Leben. FOTO: AKTIV/PETER WIRTZ Lebensmittelkontakt gerecht werden. „Wir sehen uns als Innovator“, sagt Wehr. Circular Valley vernetzt traditionsreiche Unternehmen wie Vorwerk nicht zuletzt mit Startups aus der ganzen Welt. Etwa mit Carboliq, das bereits eine Pilotanlage für chemisches Recycling betreibt. Der Zangenhersteller Knipex kooperiert mit dem Jungunternehmen Plastic Fischer aus Köln, das mit mobilen Sperren Kunststoffabfälle aus den großen Flüssen in Asien fischt, thermisch verwertet und dadurch Jobs vor Ort schafft. Recycling ist ein großes Thema auch für ZINQ aus Gelsenkirchen: Der Spezialist für Oberflächentechnik nimmt jedes Stück Stahl mit ZinkVON MATILDA JORDANOVA-DUDA Die Langlebigkeit des Thermomix ist fast legendär. „Man kann ihn sogar vererben“, sagt Hendrik Wehr, Geschäftsführer von Vorwerk Elektrowerke, stolz auf die Langlebigkeit des berühmten Küchengeräts des Wuppertaler Unternehmens. „10 bis 15 Jahre alte Thermomixe werden noch für 400 Euro bei Ebay gehandelt“, berichtet er. Der hohe Restwert selbst lang gebrauchter Geräte ist auf robuste, hochwertige Komponenten zurückzuführen. Vorwerk stellt zehn Jahre nach Auslauf einer Produktserie noch Ersatzteile und Software-Updates zur Verfügung, was weit über die EU-Vorgaben für sogenanntes Ökodesign hinausgeht. „Ziel ist natürlich, dass unsere Produkte gar nicht kaputtgehen“, sagt Wehr. Wenn aber doch, sollen sie einfach zu reparieren sein. „Dafür nutzen wir weitestgehend lösbare Verbindungen, Schrauben statt Klebstoffe. So lassen sich möglichst viele Komponenten einzeln austauschen“. Nachdem die Geräte ihre langjährigen Dienste im Haushalt getan haben, werden sie eingesammelt, um wiederverwertbare Bauteile zu recyceln. Kunststoffabfälle werden in ihre chemischen Bausteine zerlegt Zudem fördert Vorwerk das „Circular Valley“ und sucht mithilfe des Netzwerks für Kreislaufwirtschaft nach Partnern. Ziel ist es, den Anteil von biobasierten und wiedergewonnenen Kunststoffen in Vorwerk-Produkten zu steigern. „Wir machen aber keine Kompromisse bei der Qualität“, betont Wehr: Für Komponenten mit Lebensmittelkontakt sind die Anforderungen streng. Deshalb setzt der Gerätehersteller auf das chemische Recycling. Dabei werden gemischte Plastikabfälle aus dem Gewerbe- und Haushaltsmüll in ihre chemischen Bausteine zerlegt. Das gewonnene Öl kann wieder zu Kunststoffen verarbeitet werden, die höchsten Anforderungen bei beschichtung zurück. „Auch wenn es nicht von uns ist“, betont Firmenchef Lars Baumgürtel. Die Verzinkung wird chemisch vom Stahl gelöst, um beide Metalle möglichst sortenrein wieder in den Kreislauf zu bringen. „Am Ende kann man nicht unterscheiden, ob es sich um primäres oder um recyceltes Zink handelt.“ Neue Ideen eröffnen Firmen im Netzwerk neue Betätigungsfelder Und das Wuppertaler Familienunternehmen Gebr. Becker beispielsweise stellt Vakuumpumpen her und erhofft sich durch Circular Valley neue Ideen und Betätigungsfelder. Beispiel: die innovativen CO2-Abscheidungstechnologien, die das klimaschädliche Gas aus der Luft abtrennen und speichern oder als Rohstoff nutzen. „Unsere Pumpen können verschiedene Gase absaugen, daher können wir hier unmittelbar mit Know-how unterstützen“, so Firmenchefin Dorothee Becker. Mehr Infos circular-valley.org FOTO: VORWERK FOTO: PLASTIC FISCHER

Strand- oder Wassersportbedarf, Skateboards oder Darts, Fahrrad-Zubehör und Wanderschuhe – viele praktische Dinge für eine sportliche Freizeit gibt es bei Decathlon. Der 100-Euro-Einkaufsgutschein ist in jeder Filiale und auch online einlösbar. Wie steht es um das Produktionsvolumen der deutschen Metall- und Elektro-Industrie? a) Schlecht: Der Wert liegt deutlich unter Vorjahr. b) Geht so: Der Wert liegt auf Vorjahresniveau. c) Ganz gut: Der Wert ist etwas höher als 2023. Senden Sie uns die Lösung bis zum 10. August 2024 – ganz einfach per Internet: aktiv-online.de/quiz Die Auflösung und die Gewinner finden Sie in der nächsten Ausgabe. Die Lösung der Quizfrage vom 15. Juni 2024 lautet: b) 800 Watt. Gewonnen haben: Sonja M. aus Arnsberg; Martin K. aus Kehl; Helene F. aus Frankfurt; Jörg B. aus Glücksstadt. Veranstalter der aktiv -Gewinnspiele und Verantwortlicher im Sinne der datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist die Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH. Die Namens- und Adressdaten werden ausschließlich zur Durchführung des Gewinn- spiels und der Zusendung von Gewinnen auf Grund-lage von Artikel 6 Abs. 1 lit. b DS-GVO erhoben, verarbeitet und im Gewinnfall an Logistik-Dienstleister weitergegeben. Eine anderweitige Übermittlung erfolgt nicht. Die Erhebung und Verarbeitung der Daten ist für die Teilnahme am Gewinnspiel und die Zusendung eines eventuellen Gewinns notwendig. Teilnahmebedingungen in Langform: aktiv-online.de/tn-quiz 27. Juli 2024 | aktiv Gesundheit | 11 FOTO: AKTIV/DANIEL ROTH Neu im Web Anfrage vom Chef: Was ist wann tabu? Smartphone, Laptop und Co. machen es möglich: Auch nach Feierabend sind viele Beschäftigte für den Chef oder die Kollegen ansprechbar. Doch wozu ist man da wirklich verpflichtet? Ein Experte der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände erklärt die Regeln. Direkt zum Artikel aktiv-online.de/1624 Sicherheit im Auto: Was ist nun Pflicht? Seit Juli müssen alle neu zugelassenen Pkws mit einer Reihe von neuen Fahrerassistenzsystemen ausgestattet sein. aktiv hat beim ADAC nachgefragt, was diese elektronischen Helfer leisten und in welche Richtung sich die Autos der Zukunft entwickeln. Direkt zum Artikel aktiv-online.de/1724 Shopping bei Temu: Was ist da riskant? Temu boomt. Kein Wunder – auf der chinesischen Plattform finden Verbraucher offenbar unschlagbare Schnäppchen. Doch Vorsicht: Das vermeintliche Einkaufsparadies birgt auch einige Fallstricke! In Folge 6 unseres Podcasts „Das Wirtschaftsteil“ nehmen wir Temu für Sie unter die Lupe. Direkt zum Podcast ao5.de/wirtschaftsteil Laufen und lächeln Fitness Slow Jogging wird auch bei uns populär – und ist sehr gesund VON FRIEDERIKE STORZ Das sieht man jetzt oft in den Parks: Menschen, die ganz langsam laufen, mit federnden Trippelschritten, und dabei fröhlich gucken oder sich unterhalten. „Schwitz“, „keuch“ – Joggen sieht normalerweise ganz anders aus. Doch beim Slow Jogging, wie die in Japan beliebte Lauftechnik heißt, geht es nicht um Auspowern, sondern darum, sich schonend zu bewegen und sich was Gutes zu tun. „Niko Niko“, mit einem Lächeln, wie es auf Japanisch heißt. Macht glücklich und trainiert die Muskeln „Je mehr Schritte, desto geringer die Belastung“, erklärt Slow-Jogging-Koordinator Lutz Hertel das Prinzip. Im Deutschen Wellness Verband organisiert er die Ausbildung von Trainern, von denen es bundesweit mehr als 200 gibt. Ein Paar Schuhe mit biegsamen Sohlen, mehr braucht man zum Slow Jogging nicht. Hertel empfiehlt höchstens Der Trendsport ● Slow Jogging heißt übersetzt „langsames Laufen“. Der Laufstil wurde vom japanischen Sportphysiologen Tanaka Hiroaki erforscht und verbreitet. ● Man macht dabei etwa 180 Schritte pro Minute und setzt mit dem Mittelfuß auf. Das schont die Gelenke – der Laufstil ist besonders interessant für Anfänger und Menschen mit Übergewicht oder Problemen an Rücken, Hüfte oder Knie. ● Beim Slow Jogging geht es nicht um Leistung, sondern um gesunde Bewegung, die Spaß macht und bei der jeder mithalten kann. Langsames Laufen: Man macht dabei kleine, aber viele Schritte. FOTOS: MARTIN SCHWENKE, PRIVAT (PORTRÄT) „Das ist energetisch optimal und entspricht der natürlichen Laufbewegung.“ Waldboden mit Wurzeln sollte man wegen der Stolpergefahr eher meiden, besser ist ebener Untergrund. Das langsame Laufen trainiert Muskeln und verbrennt Kalorien. Und es hat noch einen Effekt: Dabei bildet sich Anandamid, eine körpereigene Glücksdroge, die für innere Ruhe und Zufriedenheit sorgt. Trainieren kann man auch zwischendurch, in Arbeitskleidung, da man beim Slow Jogging kaum schwitzt. Tipp: „Lange Flure im Betrieb sind ideale Indoor-Strecken.“ acht Millimeter Sprengung (das ist die Höhendifferenz in der Sohle zwischen Schuhspitze und Ferse). Die Technik sollte man sich zeigen lassen. „Die Häufigkeit, mit der man die Füße aufsetzt, ist anfangs etwas ungewohnt“, weiß Hertel. Mit einer Metronom-App am Handy oder einer Playlist mit 180 Beats per Minute hält man den Takt. Man landet anders als beim Gehen zuerst auf dem Fußballen, die Ferse setzt danach nur ganz kurz auf. Hertel: „ Man läuft gemütlich und entspannt. Und es bringt trotzdem viel! Lutz Hertel, Slow-Jogging-Koordinator, Deutscher Wellness Verband …Gutschein über 100 Euro Sport am Strand: Auch Roundnet-Sets gibt’s bei Decathlon. FOTOS: DECATHLON (2) Gewinnchance für aufmerksame aktiv -Leserinnen und -Leser: 6-mal je ein … Quiz Die Lösung finden Sie in dieser Ausgabe!

FOTO: FESTO LERNZENTRUM SAAR GMBH So sehen Sieger aus: Schunck (links) und Winter mit ihrer Siegertrophäe bei der deutschen WorldSkills-­ Meisterschaft. 47. Mal statt. Mit dabei: rund 1.500 junge Fachkräfte aus 65 Ländern, die in 63 Kategorien gegeneinander antreten. Die Disziplinen reichen von Fliesenlegen und Floristik bis hin zu Flugzeuginstandhaltung VON NADINE KEUTHEN Das Spielfeld, auf dem Julian Winter (23) und Paul Schunck (19) für die Weltmeisterschaft trainieren, passt auf einen kleinen Rollwagen. Darauf befestigt: ein Computer und eine Konstruktion, die ein Produktionssystem im Miniformat abbildet. Der Wagen steht im Festo-Lernzentrum in St. Ingbert – dem Ort, an dem die beiden Mechatroniker kürzlich ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Inzwischen arbeiten sie am saarländischen Standort des Automatisierungs-Spezialisten als Mechatroniker – und trainieren parallel für die WorldSkills 2024 in Lyon. Deutsche Meister sind die Saarländer schon Die WorldSkills sind so etwas wie die Weltmeisterschaft der Berufe. Im September findet das Event zum inzwischen Bereit für die große Bühne WorldSkills Julian Winter und Paul Schunck von Festo treten als Mechatroniker bei der Weltmeisterschaft der Berufe an. Ihre Disziplin: Industrie 4.0 Das Unternehmen ● Festo hat seinen Hauptsitz in Esslingen bei Stuttgart sowie Gesellschaften in rund 60 Ländern. Das Familienunternehmen liefert Automatisierungstechnik und technische Bildungslösungen für mehr als 35 Branchen. ● Die rund 20.500 Mitarbeiter in aller Welt erwirtschaften einen Jahresumsatz von zuletzt 3,65 Milliarden Euro. ● Allein in der Sparte Automation beliefert das Unternehmen über 300.000 Industriekunden in 176 Staaten, die Sparte Didactic hat rund 56.000 Kunden. und Cybersicherheit. „Nahezu jede Ausbildungssparte ist vertreten“, sagt Ausbilder Simon Kiefer, der bei Festo regelmäßig Azubis für die WorldSkills trainiert. aktiv hat ihn und seine Schützlinge getroffen. Das Duo aus dem Saarland hatte sich im Herbst 2023 bei der deutschen Meisterschaft, die nach 2021 zum zweiten Mal im Festo-Lernzentrum stattfand, für das Finale in Frankreich qualifiziert: Die beiden er12 aktiv | 27. Juli 2024 Industrie hautnah Infos auf TikTok Jetzt reinschauen: tiktok.com/@beroobi

Stolzer Ausbilder: Simon Kiefer hat die beiden Mechatroniker im FestoLernzentrum auf die WorldSkills vorbereitet. Training für die WM: Paul Schunck (vorn) und Julian Winter fahren im September zum Finale nach Lyon. Feinarbeit: Um die Parameter in der Produktionsstrecke anzupassen, mussten Schunck und Winter neue Sensoren montieren und programmieren. kommt ihnen jetzt beim Berufsstart zugute. „Ich merke, dass ich sehr von unserem Training profitiere – das hilft auch meinem ganzen Team weiter“, sagt Winter. Aktuell ist er für die mechanische Instandhaltung der Produktionsanlagen bei Festo verantwortlich. Sein Kollege Schunck lernt gerade, wie man eine Automatisierungsanlage steuert und führt. „In der Produktion geht es immer mehr um die Vernetzung unterschiedlicher Komponenten wie etwa Kameras“, ergänzt Schunck. „Julian und ich haben genau das monatelang trainiert.“ Herausforderung: Eigene Fehler schnell erkennen Sich neben der Ausbildung in Themen wie Industrie 4.0 reinzudenken, das erfordert viel Fleiß – und den Rückhalt des Unternehmens. Dass sein Arbeitgeber Azubis regelmäßig Raum dafür gibt, weiß Ausbilder Kiefer zu schätzen: „Wir haben großes Glück, dass die Jungs sich die Zeit zum Training nehmen dürfen, auch jetzt in ihrer Festanstellung im Werk.“ Fürs Finale in Frankreich sind die beiden von der Arbeit freigestellt. Gemeinsam mit ihren Eltern, Ausbildern und den anderen knapp 80 Azubis im Werk geht es bald im gecharterten Bus nach Lyon. Dort werden die zwei an vier Wettkampftagen ihr Können zeigen. „Die Kunst ist, eigene Fehler schnell zu erkennen und auszubessern“, sagt Winter. Aber auch von den Gegnern könne man viel lernen, glaubt Schunck: „Für uns ist es spannend zu sehen, wie andere Probleme lösen – davon können wir viel für unsere Arbeit mitnehmen.“ Dieser Gemeinschaftsgedanke scheint allerdings nicht bei allen WorldSkills-Teilnehmern selbstverständlich zu sein, sagt Ausbilder Kiefer: „Die Veranstaltung hat in einigen Ländern eine enorme politische Bedeutung bekommen.“ Dadurch sei der Druck auf viele der jungen Teilnehmer gestiegen. Bei Festo in St. Ingbert ist von diesem Druck nichts zu spüren. Hier sieht man das so: Wer seine anspruchsvolle Berufsausbildung mit Bravour gemeistert und zudem auf internationalem Parkett bewiesen hat, der hat schon gewonnen – beruflich und persönlich. kämpften sich in der Kategorie „Industrie 4.0“ den ersten Platz. In dieser Disziplin geht es um die digitale Vernetzung industrieller Anlagen, die Teilnehmer mussten den „digitalen Zwilling“ einer Produktionsanlage erstellen. Mit so einem Abbild lassen sich – rein digital – neue Arbeitsabläufe simulieren, ohne dass man dafür in die laufende Produktion eingreifen muss. „In die dazugehörige Anlage haben wir dafür Sensoren montiert und digital eingebunden“, erklärt Winter. „Das waren drei intensive Wettkampftage mit einigen Herausforderungen“, ergänzt sein Kollege Schunck. „Da mussten wir wirklich zeigen, was wir gelernt haben.“ Das Training hilft auch im Job weiter Industrie 4.0 spielt in der Automatisierungstechnik eine immer größere Rolle. Dass sich die beiden Mechatroniker die passenden Skills parallel zur Ausbildung erarbeitet haben, 1.500 junge Talente aus 65 Ländern treten im Finale der WorldSkills an 63 nicht akademische Berufe bilden die Disziplinen – von der Floristik bis zum Metallbau 250.000 Zuschauer aus aller Welt werden in Lyon erwartet Quelle: WorldSkills „ Mit Skills in der Industrie 4.0 sind wir richtige Allrounder als Mechatroniker Paul Schunck „ Wir sind die Schnittstelle zwischen Mechanik, Informatik und IT Julian Winter FOTOS: AKTIV/OLIVER DIETZE (3) 27. Juli 2024 | aktiv 13 Industrie hautnah

14 | Ratgeber aktiv | 27. Juli 2024 Gewinnspiel aktiv -Europa-Quiz: Lösung und Gewinner In der aktiv-Ausgabe vom 11. Mai ging es um die Europawahl 2024 und um die Bedeutung, die die EU für uns alle hat. Entsprechend programmatisch haben wir auch das Lösungswort im Europa-Quiz ausgewählt – es lautet: F R E I H E I T Die Gewinner haben wir aus den richtigen Einsendungen ausgelost, die drei Geldpreise gehen an: Albert R. aus Schwabmünchen (500 Euro), Sylvia L. aus Bad Oldesloe (300 Euro) und Melanie H. aus Dortmund (200 Euro). FOTO: NEW AFRICA – STOCK.ADOBE.COM Aktuelles Urteil Coronapandemie Einrichtungsbezogene Impfpflicht rechtens Arbeitnehmer, die sich einer einrichtungsbezogenen Impfpflicht während der Coronapandemie verweigert haben und deswegen freigestellt wurden, können nicht auf Gehaltsnachzahlung pochen. Das zeigt eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (5 AZR 167/23). Geklagt hatte eine als Alltagsbegleiterin eines Seniorenheims in NRW angestellte Frau, die wegen ihres fehlenden Impfschutzes 2022 über Monate freigestellt worden war. Klage auf Gehaltsnachzahlung scheiterte in allen Instanzen Der Frau stehen laut Urteil weder Gehaltsnachzahlungen in Höhe von etwa 6.000 Euro noch die gestrichenen Urlaubstage zu. Denn die Einrichtung hatte die damaligen Regelungen zum Infektionsschutz korrekt umgesetzt – und die Mitarbeiterin hätte ihre Tätigkeit bei Vorlage der Impfnachweise ja sofort wieder aufnehmen können. Medizinische Gründe, die einer Impfung entgegengestanden hätten, gab es bei der Beschäftigten nicht. Auch die Vorinstanzen hatten die Klage daher abgewiesen. Freie Auswahl! Krankenversicherung Die Kasse wechseln – das ist einfach und spart oft gutes Geld. Wer sich darum kümmert, hilft damit zugleich auch dem Betrieb VON SILKE BECKER Ein Krankenkassenwechsel kann sich lohnen und ist technisch einfach abzuwickeln. Und der persönliche finanzielle Vorteil lässt sich schnell berechnen. Mal angenommen, der Unterschied beim Beitragssatz zwischen der alten und der neuen gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 1 Prozent vom Brutto. Dann sparen der Arbeitnehmer und auch sein Betrieb (die sich die Sozialbeiträge ja hälftig teilen) durch einen Wechsel jeweils 0,5 Prozent. Bei einem Bruttoeinkommen von 4.000 Euro sind das für den Mitarbeiter also jeweils 20 Euro im Monat, macht immerhin 240 Euro im Jahr. Bei der Auswahl sollte man auch auf die Zusatzleistungen achten Dazu muss man wissen: Der „allgemeine Beitragssatz“ ist gesetzlich festgeschrieben und damit bei allen Krankenkassen derselbe, er liegt für Versicherte mit Anspruch auf Krankengeld bei 14,6 Prozent. Sehr unterschiedlich ist aber der Zusatzbeitrag, den jede der fast 100 Kassen hierzulande für sich festlegen kann. Und die Höhe dieses Zusatzbeitrags macht sich eben sehr unterschiedlich im Geldbeutel bemerkbar. Welche Kasse welchen Zusatzbeider Bindungsfrist zu bleiben. Wichtige Ausnahme: Bei einem Jobwechsel kann man innerhalb von 14 Tagen wechseln. Zudem gibt es ein Sonderkündigungsrecht, wenn eine Kasse ihren Zusatzbeitrag erhöht. Die neue Kasse kümmert sich um fast alle Formalitäten Um zu wechseln, stellt man bei der gewünschten Krankenkasse einen Mitgliedsantrag (meistens online). Die neue Krankenkasse kümmert sich dann um den Rest. Außerdem muss man den Arbeitgeber formlos über den Wechsel informieren. Alles Weitere stimmen der Betrieb und die neue Kasse untereinander ab. Aufpassen müssen allerdings Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen: Genehmigungspflichtige Leistungen müssen bei der neuen Krankenkasse erneut beantragt werden – die dann womöglich anders entscheidet, als man es von der alten Kasse gewohnt war. Bunte Vielfalt: Es gibt 95 gesetzliche Krankenkassen in Deutschland. trag nimmt, zeigt eine offizielle Online-Liste des GKV-Spitzenverbands (unser Kurzlink: ao5.de/kassenliste). Das Angebot der Kassen unterscheidet sich kaum, da praktisch alle Leistungen gesetzlich vorgeschrieben sind. Immerhin gibt es bei den sogenannten Zusatzleistungen durchaus Unterschiede: zum Beispiel bei den Reiseimpfungen, die für manche Urlaubsländer nötig sind, etwa gegen Hepatitis, Typhus oder Gelbfieber. Übernimmt die Kasse diese Kosten ganz oder teilweise, kann man allein dadurch laut Stiftung Warentest mehrere Hundert Euro pro Jahr sparen. Auch andere Zusatzleistungen wie beispielsweise Zuschüsse zur Osteopathie, zur Zahnreinigung oder zu Vorsorgeuntersuchungen sind bares Geld wert. Daher sollte man wie immer nicht nur auf den Preis, sondern auch auf die (Zusatz-)Leistungen achten. Dabei hilft die Stiftung Warentest mit ihrem „Krankenkassenvergleich“, der regelmäßig aktualisiert wird, der Online-Zugang zu dieser Übersicht kostet 4,90 Euro. Hat man sich entschieden, ist der Rest ganz einfach. Einzige Voraussetzung für den Wechsel ist, dass man schon mindestens zwölf Monate lang Mitglied der bisherigen Kasse war. Der Wechsel greift normalerweise zum Ende des übernächsten Monats. Wer einen Wahltarif abgeschlossen hat, ist verpflichtet, bis zum Ende 12 Monate in der gleichen Kasse: Dann darf man immer wechseln FOTO: AKTIV/FLORIAN LANG Schutz vor Corona: Die Maskenpflicht galt für alle, die Impfpflicht nur für bestimmte Berufe. FOTO: RAWPIXEL.COM – STOCK.ADOBE.COM

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